Da sind sie. Ein weißer Bildschirm und ein schwarzer, ungeduldig blinkender Curser. Kein einziges Wort, nicht einmal ein Buchstabe. Seit 10 Minuten sitze ich hier und will eigentlich nur einen kurzen Einleitungstext für ein Rezept schreiben, das ich neulich gemacht habe. 10 Minuten, seit denen der Liebste Little Miss P. hütet und: Die Uhr tickt. Meine Zeit am Rechner ist nicht mehr so luxuriös planbar wie vor der Schwangerschaft, denn heute warten noch wichtigere Dinge im Leben, allem voran: Eine Tochter. Dieses wunderbare Wesen, für das es immer nur den einen Moment gibt. Es ist eigentlich paradox: Das Leben mit Kind macht einem viel deutlicher klar, wie schön es ist, im Moment zu leben. Eine klassische Eigenschaft des Slow Living, das wir vor einigen Jahren entdeckt und seither immer öfter bewusst für uns umgesetzt haben. Entschleunigen, sich auf die kleinen Dinge besinnen, durchatmen. Das Leben vereinfachen und dem ganzen Multitasking den Rücken kehren. Sich Freiräume schaffen und Muse haben. Einfach leben. Ja, es ist paradox: Denn obwohl Little Miss P. uns täglich zeigt, wie schön das Leben im Moment sein kann, ertappe ich mich immer wieder dabei wie ich, während sie neben mir völlig verzückt im Bauklötze stapeln oder Bücher anschauen aufgeht, zur Uhr schiele weil mir mal wieder die Zeit im Nacken hängt.
Denn es gilt nicht nur bewusst da zu sein und gemeinsam zu spielen, es gilt auch jeden Abend ein möglichst nahrhaftes Essen auf den Tisch zu zaubern. Es gilt emails zu beantworten, Rezepte zu testen und Blogposts zu planen. Es gilt, Little Miss P. pünktlich ins Bett zu bringen, damit sie nachts gut schlafen kann. Es gilt die Wäsche zu machen, die Küche aufzuräumen, das Bad zu putzen und die sonstige übliche Haushaltsorga zu stemmen. Es gilt einzukaufen und das Geld dafür zu verdienen. Es gilt achtsam mit mir selbst umzugehen. Und natürlich gilt es eine gute Ehefrau, Mutter, Tochter, Schwester, Freundin und working mum zu sein. All das braucht seine Zeit und gerade die scheint manchmal – zu oft – zu knapp. Dann finde ich mich wieder beim jonglieren und multitasken und nie so richtig bei der Sache sein. Und habe allem gegenüber ein schlechtes Gewissen.
Ich merke gerade, dass sich das irgendwie unzufrieden anhört, so ist das aber gar nicht gemeint. Das Leben mit Little Miss P. ist so schön wie nie zuvor, die Freude, die sie uns täglich bringt ist schlicht und ergreifend grenzenlos. Selbst wenn der Tag auch noch so anstrengend war, sobald sie mich strahlend mit ihrem gerade neu gelernten „Hiii!“ begrüßt, obwohl ich nur im Zimmer nebenan war, ist alles wieder vergessen. Wir haben den großen – unbezahlbaren – Luxus, dass wir beide von Zuhause aus arbeiten und uns so rundum bzw. abwechselnd um sie kümmern können. Der weitere große Luxus ist, dass wir Großeltern in der Nähe haben, die Little Miss P. regelmäßig mit betreuen – ohne sie wäre das mit der Arbeit so gar nicht möglich. Und zu guter Letzt habe ich natürlich den Liebsten an meiner Seite, mit dem ich all unsere Aufgaben fair teilen kann. Jeder hat seinen Bereich im Haushalt und bei der Elternschaft sind wir beide gleich stark involviert, ziehen gemeinsam an einem Strang. Dazu kommt, dass Little Miss P. unser erstes Kind ist und wir unsere Aufmerksamkeit ganz auf sie fokussieren können (ihr Mehrfach- oder gar alleinerziehende Mamas und Papas, ihr seid die wahren Superhelden!). Ja, genau genommen eigentlich alles ganz schön luxuriös hier. Tja. Ich weiß auch nicht. Manchmal muss man die Perspektive wohl einfach wieder ein bisschen zurecht rücken. Und gehört – zumindest so ein bisschen – multitasken nicht einfach mit zum Familienleben?
Es gibt Tage, da läuft das alles wie am Schnürchen. Und dann eben auch nicht. Aber ich schätze, das ist ganz normal (Balance und so) und es ist auch nicht weiter schlimm. Es ist einfach wie es ist, das Leben mit all seinen Facetten. Vielleicht muss ich auch meine innere Perfektionistin ein bisschen zurecht rücken. Die will nämlich – natürlich! – in allem immer perfekt sein. Und das erzeugt meist mehr Stress als gute – oder überhaupt irgendwelche – Ergebnisse. Man verliert sich zu sehr in Details und hat hinterher doch kaum etwas geschafft. Ich glaube, dass eine gute Portion Stress bei mir oft hausgemacht ist, was aber auch heißt, dass ich daran arbeiten kann. Denn vielleicht gehört ja auch das irgendwie zum Slow Living: Wissen, wann man loszulassen hat. Nicht in allem perfekt sein wollen (das ist man sowieso nie). Priorisieren und die Dinge auch mal auf aufschieben, ohne schlechtes Gewissen. Das neue Bloglayout, das wir schon seit über einem Jahr installieren wollen, kann schließlich noch ein bisschen länger warten. Genauso die Wäsche, die eh schon seit Tagen hängt. Und ich glaube zum Abendessen gibt es heute einfach Käsebrot. Vielleicht mit Suppe, wahrscheinlich aber eher nicht. Denn es gibt gerade einfach wichtigere Dinge: Mit Little Miss P. den Moment leben, zum Beispiel. Ich geh dann mal wieder Bauklötze stapeln, Blumen malen und Bücher anschauen – und von meiner Tochter Lektionen fürs Leben lernen.
PS: Passend dazu verabschieden wir uns jetzt schon mal in die Weihnachtspause, um die beSINNliche Zeit diesmal auch ganz entschleunigt genießen zu können. Auf uns warten die ersten adventlichen Backstunden mit Little Miss P. , ausgedehnt-winterliche Spaziergänge mit anschließendem Teetassen-Händewärmen und dazwischen noch eine kleine Auszeit (mehr dazu dann – vielleicht 😉 – ab morgen auf Instagram). Falls ihr für den Dezember noch ein bisschen Inspiration für Weihnachten und Geschenke aus der Küche sucht, schaut doch einfach mal hier vorbei. Slow Living im trubeligen Dezember – ja, wir wollen es versuchen. Wir wünschen euch daher jetzt schon mal ein entspanntes und liebevolles Fest, geruhsame Feiertage und freuen uns auf neue Abenteuer im nächsten Jahr.
DANKE für euch und danke, dass ihr da seid!
PPS: Wenn ihr noch ein paar virtuelle Adventstürchen aufmachen wollt, hätten wir noch einen kleinen Tipp: Eine liebe Leserin hat uns neulich auf den nachhaltigen Adventskalender aufmerksam gemacht – was für eine schöne Initiative!
10 Kommentare
Liebe Dani, auch wenn ich kein eigenes Baby habe, stimme ich dir voll und ganz zu. Aktuell passe ich ab und zu auf die 2-jährige Tochter einer Freundin auf und das sind Stunden, in denen mein Herz so warm ist, dass ich es kaum glauben kann. Wir verbringen nur 1-2 Stunden zusammen, doch mein Handy und das Online-Leben sind in weiter Ferne und ich lerne die Welt mit ganz neuen Kinderaugen zu sehen.
Jetzt muss nur noch privat etwas mehr slow living einziehen.
Eine schöne Advents- und Weihnachtszeit,
Lena
Hallo Lena, was für schöne Worte, danke dir! Ja, Kinder können das Weltbild gut zurecht rücken, oder? Liebe Grüße!
Ach Dani… so schön geschrieben… danke auch für euch, eure Mühe und euren Einsatz. Geniesst die Pause und viele liebe Grüsse von
Evi
Vielen Dank, liebe Evi!
Liebe Dani,
genießt die Winterzeit und eure Tage in Lissabon!
Bei mir ist es auch so, dass ich an manchen Tagen finde, dass ich richtig gut im Augenblick lebe, und an anderen Tagen zer-denke ich schon wieder alles viel zu sehr und vergesse so den Moment zu genießen.
So, ich wärme mich jetzt vom bitterkalten Schneespaziergang mit einer heißen Tasse (koffeinfreiem 😉 ) Kaffee auf und werde mich aufs Sofa kuscheln.
Liebe Grüße
Franziska
Liebe Franziska, Lissabon war viel zu schnell vorbei, aber ein kalter Schneespaziergang hört sich auch schön an – freu mich schon darauf. Danke dir und liebe Grüße!
Liebe Dani,
was für ein schöner und wahrer Text, und ein bisschen auch einer, der mich erleichtert hat – wie beruhigend, dass auch du nicht die perfekte Lösung gefunden hast, das hätte mich vielleicht nur noch mehr daran zweifeln lassen, was ich eigentlich falsch mache. Letztlich sind wir alle eben nur Menschen, denen einiges an manchen Tagen prima gelingt und an anderen eben auch nicht.
Und über den Hinweis zum Adventskalender freue ich mich natürlich sehr!
Genießt die Adventszeit und die wohlverdiente Pause!
Liebe Grüße,
Rebekka
Vielen Dank, liebe Rebekka. Genau so ist es – man muss die Tage nehmen, wie sie sind. Und dazwischen einfach tief durchatmen 😉 Liebe Grüße!
Liebe Dani,
Worte, die nachdenklich machen… das Leben im Jetzt zu genießen, haben wir vile zu selten. Ich kenne es gut, dann kommt immer wieder dieser Antrib von Innen. Kinder können uns das garantiert gut lehren! Ich habe selbst noch keine aber ich bin überzeugt, dass sie vieles in unserem Leben verändern (können). Alles Liebe euch!
Genau so ist es, liebe Caroline. Vielen Dank für deine Worte und ein frohes neues Jahr!