Wir haben also Sydney verlassen und sind auf dem Weg nach Neuseeland. Allein schon der Anflug auf Queenstown, hoch über den neuseeländischen Alpen und vorbei an den weiten Felder im Inland lässt einem den Atem stocken. Queenstown liegt malerisch umgeben von Bergen am Lake Wakatipu. Wir landen am putzigen Flughafen, lassen leicht nervös den biosecurity Check über uns ergehen (während dem wir erleichtert erfahren, dass die abgepackten, noch aus Deutschland eingeführten Müsliriegel für little Miss P. keine nationale Gefahr darstellen – die Banane hingegen wird gnadenlos entsorgt) und warten auf unseren Vermieter, der sich verspätet, da unser Gefährt an dem Tag offenbar bereits ein paar Anlaufschwierigkeiten hatte. Wirklich verwundert sind wir nicht, immerhin reden wir hier von einem VW Bus aus den 70ern. Ja, er ist alt und hat durchaus so einige Macken, ist dafür aber charmant ohne Ende. Das sonnengelbe Miss Sunshine Buslein fährt an und wir sind sofort verknallt. Im Innenraum gibt es zu unserer Überraschung mehr Annehmlichkeiten als wir bei so einem alten Gefährt gerechnet hätten. Zur Sicherheit fährt der Vermieter mit uns noch in die Werkstatt, um einen weiteren Check durchführen zu lassen, bevor alles wieder paletti scheint und wir von dannen ziehen, das Ziel: Unser erster DOC Campingplatz nahe Queenstown. Der gleichzeitig auch noch ein Drehort für einen der Herr der Ringe Filme war – wie passend.
Es dauert etwas, bis wir in den Camping Groove mit Auf- und Umbau kommen, doch irgendwann ist alles geschafft und umgeräumt und wir genießen den Abend. Der neuseeländische Sommer in Queenstown fühlt sich an wie der Frühling in den Bergen, an den ich mich aus meiner frühen Kindheit erinnere. Sonnig mit frischer, klarer Luft, am Nachmittag weicht die Strickjacke dem Shirt und abends wird bei kühler Brise der Schal umgelegt. Am nächsten Morgen müssen wir erst wieder unsere Routine finden und mit umräumen, abwaschen und aufräumen sind wir erst gegen 11:00 Uhr startbereit, setzen uns in den Bus und wollten starten. Betonung auf „wollen“. Miss Sunshine sieht das nämlich anders und will nicht anspringen. Wir rufen den Vermieter an, der sich bereits am anderen Ende der Insel befindet und warten ein paar Stunden, bis er zurück ist. Er bringt ein Ersatzteil, schraubt eine Weile herum und Miss Sunshine schnurrt wieder. Mit der Zeit lernen wir, dass wir gerade Zeuge einer typischen Neuseeland Situation wurden. Es gibt irgendwo ein Problem? Dann wird einfach MacGyver-mäßig auf eigene Faust solange – buchstäblich – daran herumgeschraubt, bis es gelöst ist. Zumindest vorerst.
Durch die Panne haben wir leider den halben Tag verloren, mussten daher schweren Herzens den Bob´s Cove Trail Wanderweg ausfallen lassen und machen uns direkt auf den Weg nach Glenorchy. Die Fahrt dorthin, entlang des Lake Wakatipu ist atemberaubend schön und lässt alle Strapazen vom Vormittag vergessen. Ich habe mal gelesen, dass Neuseeland manchmal so wirkt, als wäre das halbe Land in einen Farbeimer gefallen, als hätte es jemand mit dem Sättigungsregler in Photoshop übertrieben. Nun wissen wir, was damit gemeint ist – die Farben sind unglaublich. Wir halten auf dem Weg nach Glenorchy so oft an, dass wir schon Angst bekommen, ob wir unser Ziel überhaupt noch erreichen. Das wird uns in den nächsten Wochen noch öfter passieren.
Glenorchy ist klein aber fein. Das Café in das wir eigentlich wollten hat leider bereits geschlossen, zum Glück finden wir aber eine gute Alternative. Danach schlendern wir zum Wharf mit seinem berühmten roten Häuschen. Auch hier in der Gegend wurden so einige Herr der Ringe Szenen gedreht, kein Wunder, bei dieser schönen Landschaft.
Selig machen wir uns auf den Rückweg, als sich kurz vor Queenstown plötzlich lautstark die Öllampe meldet. Wir halten am Straßenrand mitten im Nirgendwo und bemerken, dass Fahrer- und Beifahrerbereich am Boden mit Öl vollgelaufen sind, die Teppiche haben sich vollgesogen und es tropft bereits aus dem Bus. Das Handynetz ist mäßig bis bescheiden, doch irgendwann erreichen wir den Vermieter. Langsam aber sicher tun wir ihm aufrichtig leid. Wir warten wieder einige Zeit und machen die ersten Erfahrungen mit der typisch neuseeländischen Freundlichkeit, indem wir so einigen vorbeifahrenden Fahrzeugen, die alle sofort helfen wollen versichern, dass wir bereits versorgt sind und momentan nur warten können. Der Vermieter kommt an als es bereits dunkel wird. Die nochmalige Panne ist ihm sichtbar unangenehm, er bietet uns sofort sämtliche Kulanzen und Rückerstattungen an, falls wir vom Vertrag zurücktreten wollen, doch eigentlich wollen wir das nicht wirklich. Mit dieser Miss Sunshine weiterzufahren, die ganz offensichtlich erst mal eine Weile zwangsbeurlaubt und verarztet werden sollte, wollen wir aber natürlich auch nicht weiterziehen. Die Lösung findet sich in Miss Sunshine´s Zwilling. Miss Sunshine II läuft seit bereits knapp zwei Monaten problemlos über die ganze Insel und wird von ihren momentanen Mietern in ein paar Tagen zurück gegeben. Wir stimmen dem Kompromiss zu. Auch wenn damit all unsere bereits recht eng gesteckten Routenpläne direkt mal über den Haufen geworfen werden.
Wir sitzen also erst einmal in Queenstown fest, beziehen das Millenium Hotel und planen um. Little Miss P.fasst schulterzuckend zusammen: „Ist der Bus kaputt, muss der erst mal repariert werden.“ Unbekümmert und weise bringt sie es mal wieder auf den Punkt, wir können irgendwann nur noch über die Situation lachen und sind dankbar für die Tatsache, wie unglaublich relaxt und geduldig sie die bisherigen Pannen und Wartezeiten weggesteckt hat. Für sie ist das alles ein großes Abenteuer und solange Mama, Papa sowie genügend Wasser und Essen da sind, ist alles gut. Und das ist es ja genau genommen auch, schließlich ist Urlaub, nichts und niemand stresst uns und letzten Endes kommt eh alles, wie es muss.
Am nächsten Tag planen wir weiter um, wollen die nächsten Tage aber nicht abwartend im Hotel verstreichen lassen und nehmen uns stattdessen einen Mietwagen, der uns nach Te Anau und Milford Sound bringt – diese Strecke bietet sich als 2- bis 3-Tagesausflug perfekt an. Wir beschließen, aufgrund des in der Mitte des Landes besser ausgebauten Handynetzes danach zuerst gen Norden statt Süden zu fahren und streichen schweren Herzens die West Coast komplett von unserer Route. Es wird sonst einfach zu viel und so ganz wohl ist uns nicht, mit dem „neuen“ Bus in eine Gegend ohne Handynetz zu fahren. Die Route komplett umzuwerfen war wettertechnisch im Nachhinein lustigerweise das Beste, was uns passieren konnte. Während wir Richtung Norden fuhren, regnete es sich im Süden, wo wir ursprünglich hin wollten, nämlich wochenlang ein. Wir fuhren aber genau entgegengesetzt und hatten so gerade mal einen 1 oder 2 Tage Nieselwetter, während es sonst durchgängig sonnig oder einfach nur bewölkt aber trocken war. Was als holpriger Start begann, stellte sich am Ende also eher als kleiner Segen heraus.
Wir beladen also den Mietwagen und fahren über little Miss P.s Mittagsschlaf nach Te Anau. Kulinarisch werden wir hier leider ein bisschen enttäuscht, der Spaziergang entlang des Sees entschädigt aber dafür. Sofort als little Miss P. das das Wasser sieht, entledigt sie sich ihrer Schuhe und springt jauchzend hinein. Wir verbringen die Nacht in Te Anau in einem Hotel, bevor es am nächsten Tag nach Milford Sound geht, ein Teil des Fjordland Nationalparkes und Weltnaturerbe der UNESCO.
Fortsetzung folgt… dieser Artikel ist Teil unseres Reiseberichtes zur dreimonatigen Elternzeitreise durch Australien und Neuseeland. Weitere Artikel und Infos zur Route findet ihr in unserer Ozeanien Übersicht.
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