In letzter Zeit „ertappe“ ich mich immer wieder dabei, wie ich in die Küche laufe, völlig planlos irgendwelche Zutaten aus dem Kühlschrank und Vorrat hole und auf meiner Arbeitsplatte staple. Dann stehe ich davor, schau mir den Stapel aus einem Meter Entfernung an und warte darauf, dass mich die Koch-Muse küsst. Meist geht das überraschend schnell; plötzlich sprühen in meinem Kopf die Funken, das eine kommt wieder weg, das andere dazu und schon lege ich los. So etwas passiert mir zur Zeit immer häufiger, was erstaunlich ist, denn eigentlich bin ich es – zumindest meistens – gewohnt, wenigstens irgendwelche Rezeptideen vorher im Kopf zu haben, dann erst in die Küche zu laufen und dementsprechend die Zutaten rauszupicken, aber irgendwie läuft es gerade fast immer anders herum – die Zutaten inspirieren mich zu den Rezepten.
Ich schiebe das so so ein bisschen auf den Frühling und die damit verbundene Vielfalt an frischem Obst und Gemüse auf dem Markt und den Biohöfen, die mich jedes Jahr wieder aufs Neue umhaut. Sich davon inspirieren zu lassen ist – vermute ich – das, was jeden, der etwas mit Essen und Kochen anfangen kann, in höhere Sphären direkt auf Küchenwolke 7 schweben lässt. Man sieht nur eine einzige bestimmte Zutat und hat gleich eine Idee, wie und womit sie auf dem Teller landen soll. Man kann sich den Geschmack schon genau vorstellen, das Zusammenspiel der Aromen, salzig, süß, säuerlich, fruchtig, das Mundgefühl, knackig, weich, knusprig, samtig. Eine schönere Motivation zu kochen gibt es eigentlich nicht. Und wenn ich mir das alles so vorstelle und dann anfange, das Gemüse zu schnippeln, das Dressing zusammen zu rühren und den Kochlöffel zu schwingen, dann vergesse ich fast alles um mich herum – nicht allzu selten auch die Zeit 😉 Aber das ist Entspannung pur. Andere Leute rechen ihre Zen Gärten, ich schnippel Gemüse. Das soll natürlich nicht heißen, dass alles immer so klappt wie ich mir das vorher vorgestellt habe, aber hey – you live, you learn! Und die meisten Experimente werden trotzdem noch etwas und sind zumindest irgendwie essbar.
Für viele von euch ist dieses „freestyle“ Kochen ganz normal und easy und ich bin auch wirklich nicht jemand, der bei Rezeptangaben auf das Gramm abwiegt, ganz im Gegenteil. Aber diese kulinarische Kreativität so richtig auszuleben, die komplette Zusammenstellung der Gerichte zu übernehmen, Rezepte von Grund auf selbst zu kreieren, das ist doch irgendwie neu für mich. Natürlich bin ich nicht die Erste, der es so geht und wirklich „einzigartig“ sind die Rezepte daher sicher auch nicht – irgendwo auf der großen weiten Welt kam garantiert noch jemand anderes auf die Idee, dies mit dem zu kombinieren und in jener Soße zu schwenken. Außerdem lasse ich mich nach wie vor gerne von anderen Foodblogs inspirieren und das spielt natürlich auch ein bisschen mit rein. Aber trotzdem merke ich, wie ich langsam aber sicher immer mehr den Drang habe, mich von vorgefertigten Ideen oder Rezepten ein Stück weit zu befreien, das Kochen erst mal mit völlig leerem Kopf anzugehen und zu schauen, was passiert. Und das fühlt sich ziemlich gut an. Und irgendwie abenteuerlich. Und ein bisschen auch… erwachsen. Kitschig, ich weiß. Aber wahr. Ich schätze, das ist ganz normal, wenn man gerne und viel kocht, schließlich wächst man ja auch ein bisschen mit den täglichen Küchenabenteuern, geht´s euch nicht auch so? Auch dieses Essen hier entstand zunächst ohne irgendein Rezept oder konkrete Idee im Hinterkopf, als ich den herrlichen Rhabarber auf dem Markt gesehen habe.
Schaut euch diese Farben an! Wie das zarte Rosa in keckes Pink übergeht und zusätzlich noch von Weiß und Grün eingerahmt wird. Ich wusste sofort, dass ich ihn diesmal nicht süß oder zum Backen verarbeiten, sondern ein Abendessen daraus zaubern wollte. Welches, wusste ich noch nicht genau, aber als ich dann im Bioladen die heruntergesetzte, weil bereits perfekt reife Ananas gesehen habe, kam mir die Salsa-Idee. Und wozu passt so eine säuerlich-fruchtige Salsa gut? Zu Geflügel oder Fisch, in meinem Fall Garnelen. Und weil mir gerade so nach sommerlich-leicht und Grillparty mit Cocktails war, wollte ich den Garnelen noch eine Tequila-Zitronen-Marinade verpassen. Das alles trifft sich dann nachher in einer selbstgemachten Tortilla und wird mit etwas Minz-Joghurt beträufelt.
Sowohl die Salsa als auch die Tequila-Marinade werden erst dann richtig gut, wenn man sie rechtzeitig vorher zubereitet – gebt ihnen die Zeit durchzuziehen, damit sich die herrlichen Aromen verbinden können. Ich habe die Salsa etwa 24 Stunden und die Garnelen-Marinade etwa 6 Stunden vorher zubereitet. Die Salsa ist genau so geworden, wie ich sie mir erhofft hatte: säuerlich-knackiger Rhabarber, süße Ananas, aromatische Petersilie (Koriander wäre auch klasse, habe ich aber vergessen zu kaufen…), würzige Schalotte und eine leichte Schärfe von der Chilischote. Und alles zusammen hat wirklich super zusammengespielt, ein richtig frisches, leichtes Essen, das es innerhalb der Rhabarbersaison garantiert nochmal geben wird. Dann vielleicht mal mit Fischfilet oder Hühnchen oder nochmal Garnelen oderoderoder… mal sehen.
- Für die Ananas-Rhabarber-Salsa:
- 250g Rhabarber
- 1/2 reife Ananas
- 1 Schalotte
- 1/2 Chilischote
- eine Hand voll Blattpetersilie oder Koriander
- 3 EL Zitronensaft
- 2-3 TL Honig
- Für die Tequila Garnelen:
- ca. 300g Garnelen, Bio oder mit MSC-Siegel (aufgetaut wenn TK)
- 2 EL Tequila
- 1,5 EL Zitronensaft
- 2 EL Olivenöl
- 1 große Knoblauchzehe, gehackt
- 1 TL Honig
- Salz & Pfeffer
- Außerdem
- etwa 300g Naturjoghurt
- ein paar Blättchen Minze, in feine Streifen geschnitten
- ein Spritzer Zitronensaft
- Salz & Pfeffer
- 4-6 Weizentortillas, bei mir selbstgemachte Vollkorntortillas
- ggf. etwas gekochten Reis oder Quinoa als Beilage / zum Füllen
- Rhabarber waschen, Enden und Blätter abtrennen und fein würfeln. Ananas schälen, vom Strunk befreien und ebenfalls fein würfeln, genauso die Schalotte und die Chilischote (bei der vorher noch die scharfen Kerne entfernen). Petersilie oder Koriander waschen und in feine Streifen schneiden. Alles mit dem Zitronensaft und dem Honig vermengen und abschmecken – je nach Geschmack noch etwas Süße oder Säure hinzufügen. Für rund 24 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
- Garnelen ggf. aus der Schale lösen (falls vorhanden), gut mit allen Marinade Zutaten vermengen und abgedeckt im Kühlschrank 6-8 Stunden ziehen lassen.
- Joghurt mit Minze vermengen und mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.
- Die Garnelen in einer Pfanne 3-4 Minuten anbraten. Tortillas aufwärmen, mit Garnelen, Salsa und ggf. Reis oder Quinoa füllen, mit dem Minzjoghurt beträufeln und einrollen.
- Dazu schmeckt ein großer Salat. Und, weil´s so schön passt, eine Strawberry Margarita aus TK-Erdbeeren, Crush Eis, Tequila, Zitronensaft und Agave, Stevia oder Zucker zum Süßen und Mineralwasser. Cheers!
1 Kommentar
Sehr schöne Fotos hast du da gemacht! Mir geht es auch so: ich habe schon so viel gekocht in meinem Leben, dass ich bei manchen Zutaten oder Resten etwas „erfinde“! Und ein paar Basics habe ich immer zu Hause. Mein Mann sagt immer, dass ich zaubere! Ihm schmeckt es so gut und versteht manchmal nicht, wie ich das hinbekomme 🙂 Und: ich entspanne und vergesse die Zeit auch beim Kochen (und bei der Gartenarbeit) Liebe Grüße! Helga